„Wäre“ ist hier das Zauberwort in meiner Geschichte. Denn es kam leider anders. In Bademantel und mit der Mülltüte bewaffnet verließ ich eilig das Haus, schließlich musste ich auch noch ein passendes Outfit aussuchen und alles musste schnell gehen. Als ich jedoch kurz hinter mir einen Knall hörte, drehte ich mich mit einer schrecklichen Vorahnung um...die Tür war zu. Der Wind hatte sie einfach hinter mir zugeschlagen und natürlich hatte ich keinen Schlüssel - wo auch im Bademantel.
In meinem Kopf spielten sich Horrorszenarien ab. Was, wenn ich das Treffen verpasse und Sabine denkt, ich habe sie versetzt? Was, wenn ich dort im Bademantel auftauche und sie sofort wieder verschwindet? So oder so, ich musste schnell handeln, um das Schlimmste abzuwenden. Panisch rannte ich ums Haus, suchte nach einem offenen Fenster, aber hatte kein Glück. Kopflos, wie ich war, stolperte ich noch fast über ein Blumenbeet - was für ein Anblick für die Nachbarn. Aber diese waren mir in dem Moment egal. „Ruhe bewahren“ war jetzt das Stichwort. Und da fiel es mir ein - wenn es eines ist, was ich immer bei mir trage, dann ist es mein Handy - selbst im Bademantel. Ich weiß, keinen Schlüssel mitnehmen aber das Handy - so bin ich nun einmal.
Ich wählte also schnell die Nummer von einem lübecker Schlüsseldienst und etwa fünfzehn Minuten später fuhr ein Wagen in der Einfahrt vor. Der Monteur verkniff sich beim Aussteigen ein leichtes Grinsen und meinte nur „Na, ausgesperrt?“ Ich blickte kurz an mir herunter und nickte nur verlegen. Ein wenig hibbelig hüpfte ich hinter dem Mann vom Schlüsseldienst hin und her, als er dabei war die zugefallene Tür zu öffnen. Die Zeit raste schließlich und Sabine würde bestimmt keine Verspätung verstehen.
Nach kurzer Zeit war die Tür endlich auf und nicht einmal ein Kratzer zu sehen. Wobei mir das in diesem Augenblick auch egal war. Ich sprang ins Haus, wollte gerade die Treppe hinauf, als der Schlüsselmann mir hinterher rief „Ihre Rechnung kommt dann per Post.“ Ich hatte ihn schon wieder total vergessen, so sehr war ich mit den Gedanken bei Sabine. „Ok wunderbar, danke“ rief ich noch und war im Schlafzimmer verschwunden.
In Eile griff ich nach Hemd und Hose, zog beides rasch an und rannte die Treppe wieder hinunter - stolperte dabei fast wieder. Unten angekommen, schlüpfte ich in meine schönsten Schuhe und wollte gerade die Tür hinter mir schließen, als der Schlüsselmann von seinem Auto rief „Haben Sie auch diesmal Ihren Schlüssel?“ Ich griff in alle Taschen, erschrak, rannte zurück und holte meinen Schlüssel. So verwirrt und in Eile war ich schon lange nicht mehr. Der Monteur grinste wieder etwas schief und fuhr zu seinem nächsten Schlüsselnotdienst - und ich endlich zu Sabine.
Mit ca 10 Minuten Verspätung kam ich im Restaurant an, Sabine saß schon an einem Tisch und wartete. Ich versuchte einen gelassenen Eindruck zu machen und ging langsam auf sie zu. Doch als sie mich sah, fing sie an breit zu grinsen. „Was hast du denn gemacht?“ fragte sie. Ich guckte sie verwundert an und meinte „nichts...“ Sie griff mir ins anscheinend sehr zerzauste Haar und zog ein Blatt heraus. „Oh, das gehört so, das ist für dich“ sprudelte es aus mir heraus. Als sie doch zu verwirrt guckte, erzählte ich ihr die ganze Geschichte und sie fing herzlich an zu lachen. Die Vorstellung, wie ich im Bademantel verwirrt durch den Vorgarten stolperte war anscheinend zu köstlich.
Als das also geklärt war, unterhielten wir uns weiter und lachten auch zusammen darüber. Im Nachhinein fand auch ich die Geschichte sehr amüsant und wäre mein Nachbar derart aufgeschmissen durch seinen Garten gerannt, hätte es mich auch sehr erheitert.
Seit diesem Tag sind nun einige Jahre vergangen und Sabine und ich blicken immer noch darauf zurück als den Beginn unserer großen Liebe. Die Art und Weise, wie aufgebracht ich damals wegen dem Treffen war, schmeichelte Sabine so sehr, dass sie sich in mich verliebte. Ich war es eh schon seit dem Kindergarten...und so wurden wir endlich ein Paar. Und noch heute fragt sie mich jeden Tag, wenn ich das Haus verlasse „Hast du auch deinen Schlüssel dabei?“