Stahlrohrpfähle - Vielseitige Pfahlgründungen für besondere Anforderungen

Stahlrohrpfähle sind eine flexible Art der Pfahlgründungen, die immer dann zum Einsatz kommen, wenn das Baufeld für andere Verfahren aus dem Spezialtiefbau zu klein ist oder nur eine geringe Anzahl an Pfählen erforderlich ist.

Stahlrohrpfähle - Vielseitige Pfahlgründungen für besondere Anforderungen

Im Zuge der Planung von Bauprojekten kommt es regelmäßig vor, dass kein ausreichend tragfähiger Untergrund ansteht. Stehen in tiefer liegenden Schichten bessere Tragfähigkeiten an, so können Pfahlgründungen zum Einsatz kommen. Diese sind ein klassisches Verfahren aus dem Grundbau. Wenn dann noch beengte Verhältnisse - zum Beispiel durch angrenzende Bebauung - vorliegen, sind Stahlrohrpfähle das Mittel der Wahl.

Ein Überblick über den Grundbau mit Pfahlgründungen

Pfahlgründungen zählen zu den Tiefgründungen und damit zum Spezialtiefbau. Die Last eines Bauwerkes wird mit Pfählen in Bodenschichten abgetragen, die eine ausreichende Tragfähigkeit haben. Das Bauwerk steht gewissermaßen auf Stelzen, sodass nicht tragfähige Bodenschichten überbrückt werden. Der Lastabtrag kann bei Pfählen über zwei Wege erfolgen: Er kann vertikal über den Spitzendruck der Pfähle oder bei einigen Pfahlarten zusätzlich über die Mantelreibung erfolgen. Dabei nehmen die Erdschichten, die mit dem Pfahl überbrückt werden sollen, durch Reibung am Pfahlmaterial einen Teil der auftretenden Lasten auf.

Der Rammpfahl ist ein traditionelles Verfahren im Grundbau. Schon die Römer haben Gebäude auf Holzpfählen errichtet. Sie haben also schon damals Spezialtiefbau betrieben. Die Stadt Venedig wurde auf zahllosen Holzpfählen in nicht tragfähigem Untergrund errichtet und gilt damit heute als größte Pfahlgründung weltweit.

Bauwerksgründung mit Stahlrohrpfählen

Stahlrohrpfähle werden zu den Verdrängungspfählen gezählt und unterliegen damit der Ausführungsnorm DIN EN 12699. Weitere Arten der Verdrängungspfähle aus dem Grundbau sind zum Beispiel der Schraubpfahl oder der Ortbetonrammpfahl. Sie haben einen Durchmesser von 0,20 m bis 0,50 m. Durch das Einrammen des Stahlrohres wird der anstehende Boden verdrängt und damit nachverdichtet. Es entsteht kein Abraum zur Entsorgung, sodass Bodenbewegungen verringert werden können. Gleichzeitig bleibt das Baufeld sauber, da kein Bohrschlamm ins Baufeld geraten kann. Muss besonders erschütterungsarm gearbeitet werden, so kann der Rammweg durch andere Verfahren aus dem Spezialtiefbau vorgebohrt oder aufgelockert werden, um den Widerstand beim Einbringen der Stahlrohrpfähle zu verringern. Durch die geringen Erschütterungen beim Einbringen der Pfähle ist das Verfahren besonders dann geeignet, wenn in der Nähe von sensiblen Objekten wie einer Nachbarbebauung gearbeitet werden muss.

Im Unterschied zu anderen Methoden aus dem Spezialtiefbau können die Arbeiten mit verhältnismäßig kleinen Geräten ausgeführt werden. Dies ist insbesondere bei beengten Verhältnissen oder einer geringen Anzahl an Pfählen vorteilhaft. Wird der auf die Stahlrohrpfähle folgende Aufbau auf die Stahlrohre aufgeschweißt, können die Rohre direkt nach dem Einbau belastet werden. Wenn eine Anschlussbewehrung erforderlich ist, entstehen Aushärtezeiten für den eingebrachten Frischbeton.

Einbau von Stahlrohrpfählen

Für das lagegerechte Einbringen wird das erste Stahlrohr über dem Ansatzpunkt in Position gebracht und das innere des Rohres mit einem Kies- oder Betonpfropfen verschlossen. Über diesen Verschluss wird das Rohr in den Untergrund gezogen. Bei dieser Disziplin aus dem Spezialtiefbau wird nämlich nicht das Rohr in den Boden geschlagen, sondern der im Rohr sitzende Verschluss. Der Vortrieb erfolgt mit einem im Rohr geführten Freifallbär. Dieser wird auf den Kies- oder Betonpfropfen fallen gelassen und so in den Baugrund getrieben. Die Stahlrohre werden in Schüssen in den Boden getrieben. Es werden dabei also Teillängen der Gesamtpfahllänge eingebracht. Auf das erste Rohr (den ersten Schuss) wird das zweite Rohr aufgeschweißt und weiter eingetrieben. Dies wird so lange wiederholt, bis die endgültige Teufe erreicht ist. Überschüssige Rohrlängen können abgetrennt werden. Wird bei der Betonfüllung darauf geachtet, das Rohr nur bis zur endgültigen Höhe zu verfüllen, muss kein Beton geschnitten werden. Ein Vorteil dieses Vorgehens ist es, dass kürzere Rohrlängen in der Handhabung auf der Baustelle und während des Transportes einfacher und flexibler sind.

Im Anschluss an das Einbringen des Rohres kann dieses mit Beton verfüllt werden. Auch eine Bewehrung ist dabei möglich. Das Rohr allein ist in der Lage, die anfallenden Lasten abzutragen. Die Betonverfüllung dient unter anderem der Anschlussbewehrung. Die Stahlrohre verbleiben im Boden und schützen so den Beton vor aggressiven Stoffen.

Abgrenzung zu Fertigteilrammpfählen

Fertigteilrammpfähle sind in einem Werk hergestellte Betonfertigteile, die auf der Baustelle nur noch in den Baugrund eingebracht werden müssen. Sie sind sofort nach dem Einbau belastbar, da die Betonbestandteile bereits vollständig ausgehärtet angeliefert werden. Dies ist insbesondere dann von Vorteil, wenn für den Grundbau nicht viel Zeit zur Verfügung steht.

Ausgeführt werden diese als Spannbetonrammpfähle oder Stahlbetonrammpfähle. Anders als Stahlrohrpfähle werden bei Fertigteilrammpfählen die Pfähle direkt durch Schläge auf den Rammpfahl in den Baugrund getrieben. Dadurch entstehen erheblich stärkere Erschütterungen als beim Einbau der Stahlrohrpfähle. Durch den Einsatz von modernen Hydraulikbären konnten die Erschütterungen gegenüber dem Einbau mit Dieselbären zwar deutlich verringert werden, doch sind die dennoch starken Erschütterungen in bestimmten Situationen ein limitierender Faktor für den Einsatz der Stahlbetonrammpfähle.

Bei beiden Verfahren aus dem Grundbau wird der anstehende Boden durch den Rammpfahl verdrängt und somit nachverdichtet. Ein Nachteil der Stahlbetonrammpfähle ist die geringe Flexibilität in Bezug auf die Länge. Die Stahlbetonrammpfähle werden in der berechneten Länge gefertigt und angeliefert. Eine Reaktion auf bauseitige Abweichungen ist nicht oder nur unter großem Aufwand möglich. Stahlrohrpfähle werden nach Erreichen der erforderlichen Tiefe und Tragfähigkeit auf der benötigen Höhe gekappt.

Durch die Herstellung in einem Werk wird mit den Betonfertigteilen eine homogene Qualität erreicht. Die Schwankungen durch Fertigungsumstände können minimiert werden. Dadurch, dass Stahlrohrpfähle auf der Baustelle mit Beton verfüllt werden, können beispielsweise witterungsbedingte Qualitätsschwankungen entstehen.

Ein weiterer Unterschied ist die Lärmbelastung während des Einbringens der Pfähle. Während Stahlbetonrammpfähle vom Rammbären immer außerhalb des Erdreiches getroffen werden, fällt der Fallbär zum Einbringen des Stahlrohrpfähle innerhalb des Rohres und damit innerhalb des Erdreiches. Dadurch unterschieden sich die Lärmemissionen beider Verfahren aus dem Spezialtiefbau deutlich.

Zusammenfassung

Bauherren und Baubetriebler, die mit dem Grundbau und dem Spezialtiefbau zu tun haben, sollten sich die Möglichkeiten durch den Einsatz von Stahlrohrpfählen vor Augen halten. Durch die verhältnismäßig einfache Einbautechnik werden Stahlrohrpfähle schon bei einer geringen Anzahl von Pfählen und somit bei kleineren Bauvorhaben wirtschaftlich. Durch den geringen Platzbedarf der Maschinentechnik können Stahlrohrpfähle auch unter bestehenden Bauwerken oder in unmittelbarer Nähe zu angrenzenden Gebäuden eingesetzt werden. Diese Kombination ist es, die das Verfahren anderen Disziplinen aus dem Spezialtiefbau voraus hat.